Dienstag, 13. Dezember 2011

Von Eichhörnchen und Hyänen

Gestern war ich Gast einer exklusiven Frauen Veranstaltung. Die Gästeliste war im Netz als vip beschrieben. Da mein Nettwerk dort involviert war, sollte ich diesmal dabei sein im erlesenen Kreis der Politdamen.

Die Idee gefällt mir, darf ich gestehen. Zumal es bei uns Piraten verpöhnt ist, sich als Teil der quasi sexistisch definierten Zielgruppe Frau zu verstehen. Ich bin sehr für Männer und auch jedwede andere Art von Säugetieren. Vielleicht liegts an meinem Alter, oder an meiner Erfahrung, Motivation oder auch Sozialisation als Feministin, in diesem Zusammenhang im herkömmlichen Sinne gemeint: ich fand es herrlich, mal wieder unter einer Mehrheit von Frauen zu sein.

Die Gäste waren, bis auf den Parteivorsitzenden der gastgebenden Altpartei der die Begrüßungsrede hielt, und die anwesenden Herren Fotografen, weiblich. Dass ich bemerke, wie unsicher ich darüber bin, ob es jetzt politisch korrekt ist, diese Form der Genderisierung zu nutzen, stimmt mich übrigens nicht grad fröhlich. Im Gegenteil, ich fühle mich beklommen und grüble, wem ich grad wieder Unrecht tun könnte.

Bei den Piraten reicht es ja, Eichhörnchen zu sagen, damit ist dann quasi alles abgedeckt. Aber irgendwie kann ich mich an diese Bezeichnung nicht gewöhnen. Nein, besser, ich will es gar nicht. Was ist an Eichhörnchen, selbst wenn sie transsexuell sein sollten, was in der Natur wohl eher selten vorkommt, also in Wahrheit ein Fiktivum darstellt, so genderpopenderkonform? Gar nichts.

Das Sciurus vulgaris ist laut wikipedia meist Einzelgänger. Nur zur Paarungszeit verfolgen die Männchen die Weibchen innerhalb der Baumkronen. Jedoch leben sie gelegentlich auch außerhalb der Fortpflanzungszeit in Gesellschaft, dann nutzen mehrere Tiere einen Kobel (man könnte dies mit WG übersetzen). Innerhalb einer Gruppe dominieren die größeren und älteren Tiere. Männchen sind größeren und älteren Weibchen gegenüber nicht unbedingt dominant, allerdings dominieren sie Weibchen gleicher Größe und gleichen Alters.

Das ist doch nicht viel anders als bei den Altparteien. Deshalb scheint es mir keine besonders attraktive Metapher zu sein. Wie könnte denn 'Eichhörnchen' besser beschreiben, was gemeint sein will, als die Bezeichnung 'gewöhnliches Parteimitglied'? Bei den Eichhörnchen dominieren die Größeren und Älteren, die jüngeren Männchen nicht unbedingt die älteren Weibchen, ausgeschlossen ist das aber auch nicht, in der Regel dominieren sie aber die gleichgroßen oder gleichalten Weibchen? Kein erstrebenswertes Bild, wie ich finde.
Transsexuell ist transsexuell, die Wahrscheinlichkeit dieses Umstands bei Eichhörnchen ist wohl eher in einer Fabel denn in biologischer Realität zu finden.

Was bleibt, ist ein kleiner abgedroschender Insider Gag, zu dem auch neue Mitglieder wohl eher schwerlich Zugang finden werden. Über die Grenzen der Partei hinweg kann er wohl nur Kopfschütteln verursachen.

Ich suche auf der Veranstaltung also, um Gleichstellung bemüht, nach Eichhörnchen. Und beschließe nach einem kurzen Rundumblick, keine finden zu wollen. Weil es mir so albern erscheint. Da sind Menschen. Die sind wahrscheinlich transsexuell, oder auch nicht. Mir ist das egal. Der Dresscode sieht nach Frau aus. Bis auf die, die als Mann gekommen sind. Es war ja auch als Frauenveranstaltung ausgeschrieben. Ich finde daran auch nach intensiver Sicht durch die piratische Brille nichts Schlimmes. Die Referentinnen waren ausnahmslos Frauen, die sich für die Verbesserung in der Gleichstellung einsetzen. Die Kompaktheit der Themen hat mich sehr begeistert. Thema war diesmal 'Frau in der Politik und Gesellschaft', insofern kann ich für mich die Gästeliste akzeptieren. Der Raum war mit den geladenen interessierten Zuhörerinnen deutlich ausgefüllt.

Der abschließende Programmpunkt 'Networking' hat mir gefallen und ich habe fünf sehr interessante Kontakte geknüpft. Mit Frauen die für Gleichstellung arbeiten.

Es würde mich aber schon mal interessieren, wie die gleiche Art der Veranstaltung mit ausschließlich männlicher Gästeliste ausfallen würde. Wie wäre wohl das Interesse, wie die Anteilnahme an den Redebeiträgen der Referentinnen? Und wie die Gespräche beim ausgeschriebenen Networking?

In einem Punkt bin ich mir ganz sicher: das Interesse und die Aufgeschlossenheit der männlichen Piraten schätze ich als deutlich höher ein, als bei der Altparteien Klientel. Wieviel höher wäre eine sehr spannende Frage für mich.

Ganz besonders interessant fänd ich aber, das gleiche Veranstaltungskonzept bei den Piraten auszuprobieren. Ich glaube, es würde Schiffbruch erleiden, allein durch den Umstand, den eine Referentin des DGB als schwerste Komponente in der Gleichstellung beschrieb: Die Missgunst, Hetze und gegenseitige Verurteilung der Damen untereinander.

Wie die Hyänen. Ob transsexuell oder nicht entzieht sich dabei meiner Kenntnis.






Dienstag, 8. November 2011

An die genervten Männer

Alle Männer, die genervt sind von den Debatten um Feminismus und Genderdings, die einfach möchten, dass alle gleichwertig sind, weil sie empfinden, dass es so ist, haben sicher recht. Aus ihrer Sicht mag die Debatte überflüssig sein, oft durchgekaut, schon lange verstanden und verinnerlicht. So ist es mir mit der 2. Weltkriegthematik gegangen. In allen Fächern haben wir das Thema bis zum Umfallen durchgenommen, ich konnte es nicht mehr hören, es war doch klar, dass das schrecklich, unrechtlich, unmoralisch und verwerflich war. Da brauchte es doch nicht noch jahrelang immer wieder auf dem Lehrplan aufzutauchen. Dachte ich. Und heutzutage gibt es immer noch Sympathisanten mit dem Gedankengut der Nazis, ich sehe ein, dass weiterhin darüber geredet werden muss.

Und so versteht doch bitte, liebe Jungs und Männer, dass sich, obwohl es für Euch schon selbstverständlich ist und logisch, dass Mann und Frau, Mädchen und Junge und alles was es noch drumherum gibt, gleichwertig sind, die Debatte nicht einfach erledigt. Wir Mädchen und Frauen erleben diese Thematik tatsächlich anders als Ihr, da ist es einfach nicht hilfreich, genervt zu sein, sondern hilfreich ist, das zuzugestehen. Welcher Junge weiß schon genau, was es außer seiner Sichtweise noch für Erlebniswelten gibt? Parallelwelten sozusagen, mitten im Gestern, mitten im Jetzt, und wer weiß, ob sie auch morgen noch entstehen. Ohne Bewusstsein vielleicht.

Deshalb will ich mal kurz erzählen, warum mich das Thema, trotz Eurer Aufgeklärtheit immer noch berührt und bewegt.

Ich bin als Mädchen und Frau sicher anders aufgewachsen als Ihr. Das kann sich wahrscheinlich einfach kein Mann vorstellen. Ich bin sicher, Ihr seid nicht umsonst genervt von dem Thema, und negiert es deswegen am liebsten.

Als Mädchen habe ich Mädchen verachtet. Da könntet Ihr jetzt sagen, das ist unnötig, und ungerecht. Ja, klar, ist es, aber ich habe ihre 'Minderbemittelung' verachtet, dieses ständige 'Mädchen können das nicht'. Meine längste Freundin und ich waren wie Jungs, ach was, besser. Ich war immer der Bandenchef, demokratisch gewählt natürlich.

Außerdem wollte mein Vater kein Mädchen. Heute weiß ich, dass er eigentlich gar nicht bereit war für ein Kind, ich habe allerdings die Tatsache, dass ich, wenn überhaupt, nur Zeit mit ihm verbringen konnte, wenn ich Jungssachen mitgemacht habe, so interpretiert. Sachen reparieren, da konnte ich die meiste Zeit mit ihm abgreifen.

Meiner Puppe habe ich als erste Maßnahme die Haare kurz geschnitten, und mit 7 durfte ich endlich einen Jungenhaarschnitt haben. Kurze Haare hatte ich, bis ich etwa Mitte zwanzig war. Etwas anderes kam gar nicht in Frage.

Bedauerlicherweise habe ich den Absprung in ein Teenager'mädchen' nicht geschafft. Das war sicher auch der Tatsache geschuldet, dass ich ein extremer Spätzünder war. Aber bitte, erzählt mir nicht, dass es in dem Alter nicht identifikationsdefinierend ist, wie man aussieht und sich benimmt. Ich sah immer noch aus wie ein Junge, und ich habe mich auch noch so benommen. (erstaunlicherweise gab es trotzdem Jungs, die in mich verliebt waren, aber das habe ich nie bemerkt, weil ich es für unmöglich gehalten habe)
Dann kam die Depression, Lebensmüdigkeit, Suchtthematik mit Bulemie und alles mögliche andere. Ja, das hat mit nicht ausgeprägtem Selbstbewusstsein zu tun gehabt und ist vielleicht gar nicht gendertechnisch bedingt gewesen. Vielleicht aber doch?

Bei den Hausbesetzern und Punks ging es dann. Da musste ein Mädchen sogar derb sein, Springerstiefel an, frech und mutig, da war alles klasse. Außer der Rollenverteilung in die ich dann in meiner ersten Liebe gerutscht bin. Ein Abbild der Rollenverteilung meiner Großmutter und Mutter, etwas, vor dem ich mich selbst immer gewarnt hatte. Klassisch.

Neulich fragte mich ein Freund im Rahmen einer Diskussion über das Kapitel pi pa post gender folgende Dinge.

Warum bist du Prä - Gender? ... und nicht einfach Gender?
Weil einfach nur gender nicht existiert. Es gibt Frauen, und es gibt Männer, und ich weiß, dass ich viele männliche Attribute habe, und man würde mich vielleicht noch für eine Lesbe halten, wenn ich mir nicht Weiblichkeit angewöhnt hätte. Die ich im übrigen sehr mag. Seit ich 33 bin, lasse ich mir sogar von Männern beim Sachen Tragen helfen. (wobei ich grad merke, wie ungerechtfertigt diese Aussage ist! Natürlich sind Lesben auch unter Umständen sehr weiblich. Ersparen wir uns die Diskussion darum und nehmen einfach nur hin, dass ich es so gedacht habe, mit meinem damaligen Hintergrund. Die lesbische Frau, die mal für meine Mutter geschwärmt hat, war eben anders, das war die einzige lesbische Frau die ich kannte, bis ich Mitte 20 war.)

Warum musst du die Rollen tauschen .... mal so mal so ?
S.o.: mal bin ich derb, mal nicht. Ist eben so. Und da ich aufgewachsen bin in einer Zeit, in der noch zugeordnet wurde, definiert sich mein Ich mal als 'männlich' mal als 'weiblich'. Das ist oft kein homogenes Gefühl, es switcht. Toll, wenn Mädchen das schon anders erleben konnten. Mir ist es, selbst bei intensiver Reflexion, bis heute nicht gelungen, daraus ein durchgehend gleiches Daseinsgefühl zu kreieren.

Warum musst du als Frau deinen Mann stehen ?
Weil ich nicht nur Hausfrau und Mutter war, sondern auch noch Alleinverdienerin. Weil schwach sein einfach nicht drin war. Ich habe erst 2007 gelernt zu weinen, nach bestimmt 15 jahren, in denen ich mir das nicht erlaubt hatte. Heute könnte ich es, zum Glück gibt es keinen Grund dazu, weil ich glücklich bin. Allerdings weine ich immer noch extrem ungern, vielleicht mal so 30 Sekunden, und dann Ende. Da sind mir viele meiner Freunde voraus, das weiß ich, aber wie könnte ich negieren, dass ich es so erlebe? Es ist eben so gewesen.

Warum musst du die Rolle tauschen, um als Matrose vom Schiff zu brüllen?
Das ist nur auf mein Lachen bezogen. (Als Fan der gewaltfreien Kommunikation habe ich keinen Anlass zu brüllen)
Weil mein Lachen einfach mal gar nichts Weibliches hat, ich lache jeden Saal zusammen, laut und unweiblich. Ändern kann ich das schlecht, ich habe es schon geübt, aber Lachen ist Lachen, das kommt eben von Herzen und entzieht sich meiner Kontrolle.

Du siehst, ich habe selbst ein Frauenbild, was nicht dem entspricht, was ich durchgehend erfüllen kann. Deshalb fühle ich mich nur manchmal als Frau, und oft als eher männliches Wesen in meinem schönen weiblichen Körper, den ich sehr liebe. Mittlerweile.

Ich vermute, dass nur wenige Jungs oder Männer Frauen sein wollten. Nicht so viele wie die Frauen, die ich kenne, die Ähnliches durchlebt haben wie ich. Auch jüngere.
Viele Männer haben, glaube ich, keine Vorstellung davon, und deshalb boykottieren sie dieses Thema einfach beharrlich mit dem Argument, dass alles nur Einbildung sei, und dass wir schon lange post-gender seien.

Ich kann nur sagen, ist es nicht, und solange diese Themen noch wirken, werde ich mich engagieren, Mädchen stärken, Jungen natürlich auch, denn vielen wird viel zu viel Stärke abverlangt. Auch das behandelt der Feminismus.

Es wäre schön, wenn der geneigte Leser ein bisschen nachvollziehen kann, warum ich die Dinge so erzähle, wie ich das tue, warum ich solche Sätze wie oben benutze. Weil es einfach zu meiner Realität gehört. Bis heute. Die meisten Männer wollen keine solche Frau. Deshalb bin ich mit einem Jahr Unterbrechung, ich wollte doch mal klassisch heiraten und war mit einem Japaner verlobt, den ich sehr geliebt habe, seit dem Ende meiner ersten Liebe, also seit 10 Jahren, Single. Und das werde ich wohl auch bleiben. Es sei denn, ich treffe nochmal einen Mann, der meinem Männlicheitsideal entspricht und dennoch ein Feminist ist.

Ups, das war jetzt sehr persönlich, ich bin da immer sehr offen, das ist Teil meiner weiblichen Identität ; )#

P.S.: Dieser englische Artikel eines männlichen Feministen sagt für mich alles Wichtige, wunderbarerweise aus Sicht eines Mannes: http://www.lawsonry.com/945-can-a-man-be-a-feminist-my-personal-journey-into-male-feminism/

Dienstag, 4. Oktober 2011

Weil ich das so sage

Das ist so, weil ich das so sage.

Das soll Grund genug sein? Das hab ich so noch nie akzeptieren können, oder wollen. Ich meine, Gründe sehen für jeden anders aus, und ich kann auch andersartige Gründe verstehen, sofern sie mir plausibel erklärt werden.
Da würde ich sogar verstehen, wenn jemand vor Wut Dinge sagt, die er eigentlich nicht so meinte, oder Reaktionen gezeigt hat, die mir übertrieben scheinen. Gut finden muss ich das ja trotzdem nicht.

Aber wenn jemand reagiert, und mir dann sagt, er habe gute Gründe, dass er sich so verhalte, wie ich es doof finde, aber die sind geheim, das ist sein Recht, und jetzt sei still... dann dreht sich was in meinem Magen der Rechtsempfindung. Das ist eine Art Macht, die ich als äußerst unangenehm empfinde.

Na klar, Autoritätspersonen machen sowas schon mal, Lehrer, Vorgesetzte, Polizisten, Türsteher. Türsteher sind darin besonders gut. Sie haben garantiert ihre Gründe für all ihre Entscheidungen. Und sie müssen sie auch nicht sagen. Alle, die reinkommen, weil sie sich an Türstehers ungeschriebenes oder sogar geschriebenes Gesetz halten, freuen sich, und schauen still auf die, die draußen bleiben müssen. Wie oft setzen sich Unbeteiligte für die Draußengebliebenen ein? So ist das mit der Macht. Begründet werden muss sie nicht. Sie ist einfach da.

Zum Glück sind freie Menschen da ganz anders. Sie schwören der Machthaberei ab, und verschreiben sich der offenen Transparenz. Und wenn dann mal was passiert, etwas, was mit Macht zu tun hat, dann sprechen sie darüber, offen, geben etwaige Schwächen und Fehler zu. Die muss man nicht gut finden, aber man kann sie vielleicht verstehen oder wenigstens als Erklärung akzeptieren. Und dann kann man sogar eine Art Vertrauen entgegen bringen. Auch wenn man anderer Meinung ist.

Aber wenn einer sagt 'das ist so, weil ich das so sage', dann bröckelt mit einem Mal das Vertrauen in die Begründung; denn es kann ebensogut sein, dass einfach nur der Pickel auf der Nase nicht gefällt, oder die Herkunft, oder dass der andere sogar besser sein könnte als gewünscht. Man weiß es nicht. Man weiß dann nur, da ist sie, die Macht. Die darf alles. Ohne sich zu erklären.

Zum Glück gibt es heute viele Menschen, die das gern ändern. Bin ich froh, in die heutige Zeit hinein geboren zu sein. Postarbitratus quasi.

Samstag, 1. Oktober 2011

Tendenz steigend

>>Heute war das erste Treffen aller BVVler. Gekommen waren etwa 30-35 Menschen, von denen fünf physische Attribute aufwiesen, die denen ähneln, über die auch ich verfüge.<<

So würde man es ohne Gendergedöns ausdrücken. Man könnte allerdings auch einfach sagen, es waren etwa 30 Männer und fünf Frauen anwesend.

Als ich den Vorraum des Sitzungssaales der Wilmersdorfer Bezirksversammlung betrete, begrüßt mich eine dieser physisch Ähnlichen sehr freundlich mit den Worten "Ah, noch eine Frau! Das ist ja erfreulich. Es werden immer mehr."

Das hat mich auch gefreut.

pi-pa-post gender

Drei Wochen, drei lange Wochen beschäftige ich mich nun schon mit PG, habe Texte gelesen, wissenschaftliche und gesellschaftsrelevante, habe Gespräche geführt und einen Diskurs mitverfolgt, der mich in höchstem Maße angestrengt hat. Ich fühlte mich zunehmend wie in das Vakuum eines Themas gesaugt, das ich zu verstehen versuchte, obwohl ich von Anfang an das Gefühl hatte, dass da was nicht stimmt.
PG steht für post-gender. Die Offenbarung der Moderne, wenn man so manchem Text im Netz glauben möchte. Was ich nicht tue. Ich glaubs einfach nicht.

Post gender halte ich für eine schlaue Erfindung. Es ist nicht weniger als eine Illusion, eine wackelige Fata Morgana, eine in die Tasche gelogene Vision der braven, der angepassten, der postmodernen Frau. Der Art Frau, die man glauben lässt, dass sie sich bereits über ihr Geschlecht hinaus entwickelt hat. Als ob das ginge! Was soll das eigentliche sein, Geschlecht? Wie sollte sich überhaupt irgendjemand über sein eigenes Geschlecht, welcher Art auch immer, ob angeboren, ausgewählt, umoperiert oder sonstwie, hinaus entwickeln? Post gender ist der größte Quatsch, den ich seit langem gehört habe. Und es tut mir aus vollstem Herzen gut, das endlich einfach in den Äther hineinzuschreiben.

Nachdem ich Menschen erlebt habe, Frauen zugegebenerweise, sehr junge zumeist, die sich hinstellen und volllungig behaupten, gender wäre out, gender, also das jeweils spezifische Geschlecht eines homo sapiens wäre überholt, und würde in unserer gelobten neuen Welt gar nicht mehr existieren, quasi. Weil alle gleich wären, vor dem Recht, vor der Gesellschaft und natürlich vor dem, nicht existierenden, anderen Geschlecht.

Die, die mich kennen, wissen, dass ich mir das Urteilen schon fast abgewöhnt hatte. Aber hier, hier greife ich nochmal darauf zurück, ausnahmsweise. Weil es mir Sinn macht. Leute, Post gender geht nicht, es ist nicht möglich. Nur weil ihr keinen Bock auf Genderrollen habt, heißt das doch nicht, dass man einfach so darauf verzichten kann, per Definition. Wozu sollte das auch gut sein? Frauen, die gar nicht mehr Frauen sein sollen, weil sie die besseren Männer werden wollen? Oder andersrum? Die deshalb den Feminismus verachten?

Natürlich weiß ich, dass alle Menschen gleich sind, in ihrer Andersartigkeit, gleich sind in ihrer so unterschiedlichen Art und Weise, wie es unterschiedlicher nicht geht. Und genau das ist es, was ihr wegreden wollt? Ihr Skeptikerinnen des Feminismus der uns Mädels und Nicht-Mädels erst das gebracht hat, was wir heute tun dürfen: nämlich unseren Mann und unsere Frau stehen. Und wisst ihr, wie ich das nenne?
Prä-gender. Sowas von dermaßen prä-gender, dass es eine Freude ist! Egal für welche Sorte von gender wir uns entscheiden wollen, alles ist möglich. Heute dies, morgen das. Eben noch gekichert wie Daisy, im nächsten Moment dröhnend gelacht wie ein Hanse-Matrose.

Ich bin das gender, was ich in diesem Augenblick sein will. Und in diesem. Zu jeder Zeit. Ständig prä, und doch niemals post! Nachdem mir das klar geworden ist, drei Wochen nach der ersten Irritation, fühle ich wieder eine Art von Ordnung einkehren, die mich beruhigt. Ich darf die Frau sein, die ich lange nicht sein wollte. Als kleines Mädchen war ich der bessere Junge, heute bin ich, was ich sein will. Mal dies, mal das, das kann sich ändern wie das Wetter.
Ist schonmal jemand auf die Idee gekommen, das Wetter als post weather zu bezeichnen? Eben. Wetter ist. In jeder Sekunde erschafft es sich neu. Man weiß nie genau, was man am nächsten Tag bekommt. Nur eins ist sicher: es wird ein Wetter sein.

Und genauso verhält es sich eben auch mit dem Geschlecht.