Dienstag, 4. Oktober 2011

Weil ich das so sage

Das ist so, weil ich das so sage.

Das soll Grund genug sein? Das hab ich so noch nie akzeptieren können, oder wollen. Ich meine, Gründe sehen für jeden anders aus, und ich kann auch andersartige Gründe verstehen, sofern sie mir plausibel erklärt werden.
Da würde ich sogar verstehen, wenn jemand vor Wut Dinge sagt, die er eigentlich nicht so meinte, oder Reaktionen gezeigt hat, die mir übertrieben scheinen. Gut finden muss ich das ja trotzdem nicht.

Aber wenn jemand reagiert, und mir dann sagt, er habe gute Gründe, dass er sich so verhalte, wie ich es doof finde, aber die sind geheim, das ist sein Recht, und jetzt sei still... dann dreht sich was in meinem Magen der Rechtsempfindung. Das ist eine Art Macht, die ich als äußerst unangenehm empfinde.

Na klar, Autoritätspersonen machen sowas schon mal, Lehrer, Vorgesetzte, Polizisten, Türsteher. Türsteher sind darin besonders gut. Sie haben garantiert ihre Gründe für all ihre Entscheidungen. Und sie müssen sie auch nicht sagen. Alle, die reinkommen, weil sie sich an Türstehers ungeschriebenes oder sogar geschriebenes Gesetz halten, freuen sich, und schauen still auf die, die draußen bleiben müssen. Wie oft setzen sich Unbeteiligte für die Draußengebliebenen ein? So ist das mit der Macht. Begründet werden muss sie nicht. Sie ist einfach da.

Zum Glück sind freie Menschen da ganz anders. Sie schwören der Machthaberei ab, und verschreiben sich der offenen Transparenz. Und wenn dann mal was passiert, etwas, was mit Macht zu tun hat, dann sprechen sie darüber, offen, geben etwaige Schwächen und Fehler zu. Die muss man nicht gut finden, aber man kann sie vielleicht verstehen oder wenigstens als Erklärung akzeptieren. Und dann kann man sogar eine Art Vertrauen entgegen bringen. Auch wenn man anderer Meinung ist.

Aber wenn einer sagt 'das ist so, weil ich das so sage', dann bröckelt mit einem Mal das Vertrauen in die Begründung; denn es kann ebensogut sein, dass einfach nur der Pickel auf der Nase nicht gefällt, oder die Herkunft, oder dass der andere sogar besser sein könnte als gewünscht. Man weiß es nicht. Man weiß dann nur, da ist sie, die Macht. Die darf alles. Ohne sich zu erklären.

Zum Glück gibt es heute viele Menschen, die das gern ändern. Bin ich froh, in die heutige Zeit hinein geboren zu sein. Postarbitratus quasi.

Samstag, 1. Oktober 2011

Tendenz steigend

>>Heute war das erste Treffen aller BVVler. Gekommen waren etwa 30-35 Menschen, von denen fünf physische Attribute aufwiesen, die denen ähneln, über die auch ich verfüge.<<

So würde man es ohne Gendergedöns ausdrücken. Man könnte allerdings auch einfach sagen, es waren etwa 30 Männer und fünf Frauen anwesend.

Als ich den Vorraum des Sitzungssaales der Wilmersdorfer Bezirksversammlung betrete, begrüßt mich eine dieser physisch Ähnlichen sehr freundlich mit den Worten "Ah, noch eine Frau! Das ist ja erfreulich. Es werden immer mehr."

Das hat mich auch gefreut.

pi-pa-post gender

Drei Wochen, drei lange Wochen beschäftige ich mich nun schon mit PG, habe Texte gelesen, wissenschaftliche und gesellschaftsrelevante, habe Gespräche geführt und einen Diskurs mitverfolgt, der mich in höchstem Maße angestrengt hat. Ich fühlte mich zunehmend wie in das Vakuum eines Themas gesaugt, das ich zu verstehen versuchte, obwohl ich von Anfang an das Gefühl hatte, dass da was nicht stimmt.
PG steht für post-gender. Die Offenbarung der Moderne, wenn man so manchem Text im Netz glauben möchte. Was ich nicht tue. Ich glaubs einfach nicht.

Post gender halte ich für eine schlaue Erfindung. Es ist nicht weniger als eine Illusion, eine wackelige Fata Morgana, eine in die Tasche gelogene Vision der braven, der angepassten, der postmodernen Frau. Der Art Frau, die man glauben lässt, dass sie sich bereits über ihr Geschlecht hinaus entwickelt hat. Als ob das ginge! Was soll das eigentliche sein, Geschlecht? Wie sollte sich überhaupt irgendjemand über sein eigenes Geschlecht, welcher Art auch immer, ob angeboren, ausgewählt, umoperiert oder sonstwie, hinaus entwickeln? Post gender ist der größte Quatsch, den ich seit langem gehört habe. Und es tut mir aus vollstem Herzen gut, das endlich einfach in den Äther hineinzuschreiben.

Nachdem ich Menschen erlebt habe, Frauen zugegebenerweise, sehr junge zumeist, die sich hinstellen und volllungig behaupten, gender wäre out, gender, also das jeweils spezifische Geschlecht eines homo sapiens wäre überholt, und würde in unserer gelobten neuen Welt gar nicht mehr existieren, quasi. Weil alle gleich wären, vor dem Recht, vor der Gesellschaft und natürlich vor dem, nicht existierenden, anderen Geschlecht.

Die, die mich kennen, wissen, dass ich mir das Urteilen schon fast abgewöhnt hatte. Aber hier, hier greife ich nochmal darauf zurück, ausnahmsweise. Weil es mir Sinn macht. Leute, Post gender geht nicht, es ist nicht möglich. Nur weil ihr keinen Bock auf Genderrollen habt, heißt das doch nicht, dass man einfach so darauf verzichten kann, per Definition. Wozu sollte das auch gut sein? Frauen, die gar nicht mehr Frauen sein sollen, weil sie die besseren Männer werden wollen? Oder andersrum? Die deshalb den Feminismus verachten?

Natürlich weiß ich, dass alle Menschen gleich sind, in ihrer Andersartigkeit, gleich sind in ihrer so unterschiedlichen Art und Weise, wie es unterschiedlicher nicht geht. Und genau das ist es, was ihr wegreden wollt? Ihr Skeptikerinnen des Feminismus der uns Mädels und Nicht-Mädels erst das gebracht hat, was wir heute tun dürfen: nämlich unseren Mann und unsere Frau stehen. Und wisst ihr, wie ich das nenne?
Prä-gender. Sowas von dermaßen prä-gender, dass es eine Freude ist! Egal für welche Sorte von gender wir uns entscheiden wollen, alles ist möglich. Heute dies, morgen das. Eben noch gekichert wie Daisy, im nächsten Moment dröhnend gelacht wie ein Hanse-Matrose.

Ich bin das gender, was ich in diesem Augenblick sein will. Und in diesem. Zu jeder Zeit. Ständig prä, und doch niemals post! Nachdem mir das klar geworden ist, drei Wochen nach der ersten Irritation, fühle ich wieder eine Art von Ordnung einkehren, die mich beruhigt. Ich darf die Frau sein, die ich lange nicht sein wollte. Als kleines Mädchen war ich der bessere Junge, heute bin ich, was ich sein will. Mal dies, mal das, das kann sich ändern wie das Wetter.
Ist schonmal jemand auf die Idee gekommen, das Wetter als post weather zu bezeichnen? Eben. Wetter ist. In jeder Sekunde erschafft es sich neu. Man weiß nie genau, was man am nächsten Tag bekommt. Nur eins ist sicher: es wird ein Wetter sein.

Und genauso verhält es sich eben auch mit dem Geschlecht.